Mittwoch, 25. Mai 2011

Sackgassen

"Ihr seid wieder zusammen, oder?" Sie durchbohrte mich mit ihrem Blick, während sie die Kartoffeln schälte.
"Woher weißt du das?" Ich sah sie an.
"Du trägst den Ring von ihm. Das machst du nur, wenn ihr zusammen seid."
Sie hatte Recht, nach jedem Streit warf ich ihn irgendwohin und es war immer wieder ein Wunder, wenn ich ihn wiederfand.
Ich drehte ihn einige Male und fragte dann leise: "Hältst du das für einen Fehler?"
Sie zuckte die Schultern.
"Weißt du? Es geht mich nichts an. Es ist euer Leben. Aber manchmal habe ich wirklich das Gefühl, dass ihr weder mit noch ohne einander könnt." Dann fing sie an das Lied von U2 zu summen: 'With or without you'.

"Meinst du wir können auch ohne einander auskommen?" Wir saßen auf dem Bett und sahen uns einen Film an. Ich konnte seine Eltern über uns, in der Küche, reden hören, wusste jedoch nicht worüber sie sprachen. Ich sah nach oben.
Er tat es mir gleich. "Wird Zeit, dass ich mir eine richtige eigene Wohnung suche und nicht das hier. Sie könnten es dann vermieten und ich hätte ein richtiges Leben." Er sah mich an und grinste.
Ich tat nichts. "Könnten wir?" Denn ich war hartnäckig.
"Wenn es Liebe ist, dann nicht." Er beugte sich zu mir um mich zu küssen. Ich zog den Kopf ein Stück zurück und sah ihn nachdenklich an.
Er seufzte. Etwas, was er oft tat, wenn ich ihn irritierte.
"Okay, sag mir bitte was los ist. Warum zweifelst du in letzter Zeit so dermaßen oft? Eigentlich musst du dich nur fragen, ob die Gefühle noch so stark sind wie vorher und der Rest ergibt sich dann. Keine gute Beziehung ist einfach. Sie ist erst dann gut, wenn man auch Schwierigkeiten zusammen meistert. Also, erzähl mir was los ist."
Ich biss mir auf die Unterlippe. "Ich frage mich einfach immer öfter, ob N. nicht Recht hatte. Ob ich dich nicht wirklich manchmal kaputt mache - oder immer." Ich musste an die Unterhaltung von ihm und seinem besten Freund denken.
"Du machst mich unglaublich glücklich und manchmal verwirrst du mich - wie jetzt gerade. Und ja, manchmal machst du mich traurig oder wütend. Aber am meisten machst du mich verrückt. Also gib mir einen Kuss und alles ist wieder gut, okay?" Er sah mich wie ein Hundewelpe an.

Vielleicht war da wirklich Liebe. Vielleicht waren die Gefühle echt. Aber die Probleme waren ebenso echt. Ich hatte Angst, dass wir uns in etwas verrannten. In eine Sackgasse.
Manchmal wollte ich lieber schon vorher weglaufen, als später in dieser Sackgasse zu enden. Dann, wenn wir noch mehr Erinnerungen hätten, noch mehr gemeinsame Erlebnisse.
Vielleicht waren wir auch ein Wunder. Und vielleicht könnten wir auch alles schaffen.
Aber ich glaubte nicht an Wunder. Die Realität war die mögliche Sackgasse.

"Ich liebe Dich. Und das ist alles, was für uns beide zählen sollte, sofern du mich auch liebst." sagte er, als ich ihn nicht küsste. "Das tue ich, wirklich, aber.." "Kein aber. Das zählt."

Er verschloss die Augen vor der Sackgasse. Ein Fehler. Trifft mich Schuld, obwohl ich ihn versuchte darauf aufmerksam zu machen? Sollte nicht jeder Mensch für sich entscheiden, was das richtige war? Ich verschwieg ihm nicht wer und wie ich war. Er musste selbst entscheiden, ob er mich wollte.